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Mietrecht

Rechtsanwalt Thomas Nahr (angestellt)

Mietrecht

1. Wegfall von Eigenbedarfsgründen

BGH, Urteil vom 29. März 2017 – VIII ZR 44/16

a) Eine Kündigung wegen „Betriebsbedarfs“ nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt voraus, dass betriebliche Gründe die Nutzung gerade der gekündigten Wohnung notwendig machen. Die Wohnung muss deshalb für die betrieblichen Abläufe nach den Aufgaben der Bedarfsperson von
wesentlicher Bedeutung sein. Dies wird etwa bei einem Angestellten, dem die Aufgaben eines „Concierge“ übertragen sind, der Fall sein, nicht aber bei einem Hausmeister, der mehrere Objekte des Vermieters betreuen soll und ohnehin bereits in der Nähe eines der Objekte wohnt (im Anschluss an Senatsurteil vom 23. Mai 2007 – VIII ZR 122/06, NZM 2007, 639 Rn. 12 ff.).

b) Zu den Anforderungen an die tatrichterliche Würdigung des Parteivortrags und des Beweisergebnisses, wenn der nach einer Bedarfskündigung ausgezogene Mieter Schadensersatz wegen vorgetäuschtem Bedarf im Hinblick darauf begehrt, dass der Vermieter den zur Grundlage der Kündigung gemachten behaupteten Bedarf anschließend nicht verwirklicht hat.

2. Nutzungsentschädigung in Höhe der Marktmiete bei verspäteter Wohnungsrückgabe

BGH, Urteil vom 18. Januar 2017 – VIII ZR 17/16

Die für vergleichbare Sachen ortsübliche Miete, die der Vermieter gemäß § 546a Abs. 1 Alt. 2 BGB für die Dauer der Vorenthaltung der Mietsache verlangen kann, wenn der Mieter diese nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurückgibt, ist bei beendeten Wohnraummietverträgen nicht nach Maßgabe der auf laufende Mietverhältnisse zugeschnittenen Regelung über Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 558 Abs. 2 BGB), sondern anhand der bei Neuabschluss eines Mietvertrages über die Wohnung ortsüblichen Miete (Marktmiete) zu bestimmen.

3. Unwirksamkeit Kündigung wegen Mietrückstand nur bei vollständiger Zahlung

BGH, Urteil vom 24. August 2016 – VIII ZR 261/15

BGB § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a und b, § 569 Abs. 3 Nr. 2

Ist durch Auflauf eines Rückstands in der in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a oder Nr. 3 Buchst. b BGB genannten Höhe ein Recht des Vermieters zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses entstanden, wird dieses nach § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB nur durch eine vollständige Zahlung des Rückstandes vor Zugang der Kündigung ausgeschlossen (Bestätigung des Senatsurteils vom 14.
Juli 1970 – VIII ZR 12/69, ZMR 1971, 27, unter II 4). Nach § 543 Abs. 2 Satz 3 BGB wird die Kündigung des Vermieters nur unwirksam, wenn durch unverzügliche Aufrechnung die gesamten Rückstände getilgt werden. Die Schonfristzahlung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB setzt eine vollständige Tilgung der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a BGB
innerhalb der dort genannten Frist voraus.

HeizkostenV §§ 9, 9a; BGB § 556 Abs. 3

Für die formelle Ordnungsgemäßheit einer Heizkostenabrechnung ist es ohne Bedeutung, ob die der Abrechnung zugrunde gelegten Verbrauchswerte auf abgelesenen Messwerten oder auf einer Schätzung beruhen und ob eine vom Vermieter vorgenommene Schätzung den Anforderungen des § 9a HeizkostenV entspricht. Es bedarf deshalb weder einer Erläuterung, auf welche Weise eine Schätzung vorgenommen wurde noch der Beifügung von Unterlagen, aus denen der Mieter die Schätzung nachvollziehen kann (Bestätigung des Senatsurteils vom 12.November 2014 – VIII ZR 112/14, NJW 2015, 406 Rn. 18).

4. Kündigungsrelevanter Mietrückstand bei Minderung

BGH, Urteil vom 27. September 2017 – VIII ZR 193/16

BGB § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, b, Abs. 2 Satz 2; § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1

a) Ist durch Auflauf eines Zahlungsrückstands des Mieters in der in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a oder Buchst. b BGB genannten Höhe ein Recht des Vermieters zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses entstanden, wird dieses
nach § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB nur durch eine vollständige Zahlung des Rückstandes vor Zugang der Kündigung ausgeschlossen (Bestätigung der Senatsurteile vom 14. Juli 1970 – VIII ZR 12/69, ZMR 1971, 27 unter II 4; vom 23. September 1987 – VIII ZR 265/86, NJW – RR 1988, 77 unter II 2 a [jeweils zu § 554 BGB aF]; vom 26. Januar 2005 – VIII ZR 90/04, WM 2005, 459 unter II 2 d bb; vom 11.Januar 2006 – VIII ZR 364/04, NJW 2006, 1585 Rn. 10; vom 24.
August 2016 – VIII ZR 261/15, NJW 2016, 3437 Rn. 23 [jeweils zu § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB]).

b) Bei der Beurteilung, ob der Zahlungsrückstand des Mieters die Miete für einen Monat übersteigt (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB), ist nicht auf die (berechtigterweise) geminderte Miete, sondern auf die vertraglich vereinbarte Gesamtmiete abzustellen (Bestätigung und Fortführung der Senatsurteile vom 12. Mai 2010 – VIII ZR 96/09, NJW 2010, 3015 Rn. 41; vom 11.Juli 2012 – VIII ZR 138/11, NJW 2012, 2882 Rn. 16).

5. Anordnung einer Nachlasspflegschaft zur Geltendmachung eines Räumungsanspruchs eines Vermieters bei unbekannten Erben des verstorbenen Wohnungsmieters

KG Berlin, Beschluss vom 02.08.2017 – 19 W 102/17

Bei unbekannten Erben eines verstorbenen Wohnraummieters ist durch das Nachlassgericht gemäß § 1961 BGB eine Nachlasspflegschaft anzuordnen, sofern der Vermieter dies beantragt, um einen Anspruch gegen den Nachlass auf Räumung geltend zu machen. Der Umstand, dass der Mieter vermögenslos war beziehungsweise der Nachlass voraussichtlich dürftig ist, steht dem nicht entgegen.

6. Ein wirksames Mieterhöhungsbegehren bei der Indexmiete erfordert nicht, dass der Vermieter über den Gesetzeswortlaut hinaus zusätzlich angibt, welche prozentuale Veränderung sich aus den im Erhöhungsschreiben mitgeteilten Indexdaten ergibt

BGH, Urteil vom 22.11.2017 – VIII ZR 291/16

Eine Mietänderungserklärung bei der Indexmiete erfordert gemäß § 557b Abs. 3 Satz 1, 2 BGB nicht die Angabe der prozentualen Veränderung der Indexdaten.

7. Nachmieter gestellt – kein Anspruch des Mieters auf vorzeitige Entlassung vor Ablauf der Kündigungsfrist

Nach § 573 c Abs. 1 S. 1 BGB beträgt die Kündigungsfrist des Mieters stets drei Monate. Die Kündigungsfristen des Vermieters richten sich hingegen nach der Dauer des Mietverhältnisses, § 573 c Abs. 1 S. 2 BGB. Bis zu fünf Jahre Mietdauer beträgt die Kündigungsfrist des Vermieters hiernach ebenfalls drei Monate, nach fünf Jahren bereits sechs Monate und nach acht Jahren Mietdauer beträgt sie sogar neun Monate.

Auch bei Benennung mehrerer geeigneter Nachmieter kann der Mieter die vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses nicht verlangen.
Die Kündigungsfrist von drei Monaten hat der Mieter einzuhalten und daher auch bis zum regulären Ende der Mietzeit die Miete zu bezahlen- so das Landgericht Berlin, Beschluss vom 03.03.2016 – 67 S 39/16-.
Eine andere Wertung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, wenn zu Beispiel die Mietzahlungspflicht für die neue und die bisherige Wohnung zusammen derart hoch wäre, dass der Mieter in existenzielle Geldnöte geraten würde.