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Arbeitsrecht

Rechtsanwalt Klaus – Uwe Adler

Pfändbarkeit von Zulagen

1. Zulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind Erschwerniszulagen iSv. § 850a Nr. 3 ZPO und damit im Rahmen des Üblichen unpfändbar. Zulagen für Schicht-, Samstags- oder sog. Vorfestarbeit sind dagegen der Pfändung nicht entzogen.
2. Hinsichtlich der Frage, in welchem Umfang und welcher Höhe Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit als „üblich“ und damit unpfändbar iSv. § 850a Nr. 3 ZPO anzusehen sind, kann an die Regelung in § 3b EStG angeknüpft werden.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.8.2017, 10 AZR 859/16

Elternzeit – Kürzung von Urlaubsansprüchen

Der gesetzliche Urlaubsanspruch nach §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG besteht auch für den Zeitraum der Elternzeit, er kann jedoch vom Arbeitgeber nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG gekürzt werden. § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG steht im Einklang mit dem Unionsrecht.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. März 2019 – 9 AZR 362/18 –

Nur einmalige Anrechung der Kindererziehungszeit

Gehen beide Eltern gleichzeitig in Elternzeit, kann nur einer sich die Kindererziehungszeiten auf die Rente anrechnen lassen. Eine doppelte Zuordnung rentenrechtlicher Kindererziehungszeiten sieht das Gesetz nicht vor, entschied das Thüringer Landessozialgericht (LSG) in Erfurt in einem am Donnerstag, 4. April 2019, bekanntgegebenen Urteil (Az.: L 2 R 760/17).

Im konkreten Fall nahm der Kläger nach der Geburt seiner Tochter für denselben Zeitraum wie die Mutter Elternzeit. Er wollte so gleichberechtigt an der Erziehung des gemeinsamen Kindes mitwirken.

Das Paar einigte sich darauf, dass die Kindererziehungszeit rentenrechtlich zunächst der Mutter zugeordnet wird. Da der Vater ebenfalls die Tochter betreut hatte, beantragte er bei der Rentenversicherung Mitteldeutschland erfolglos, auch für sich Kindererziehungszeiten als Pflichtbeitragszeit gutschreiben zu lassen.

Das LSG lehnte dies in seinem Urteil vom 10. Januar 2019 ebenfalls ab. Wenn beide Eltern gleichzeitig in Elternzeit gehen, sehe das Gesetz eine doppelte Zuordnung rentenrechtlicher Kindererziehungszeiten nicht vor. Nach den geltenden Bestimmungen könnten Kindererziehungszeiten für denselben Zeitraum nur einem Elternteil berücksichtigt werden.

Gleichzeitig in Elternzeit befindliche Eltern könnten wählen, wer davon profitieren könne, so das LSG. Können sie sich nicht einigen, könnten die Erziehungszeiten zu gleichen Teilen im kalendermonatlichen Wechsel aufgeteilt werden. Eine jeweils volle Zurechnung der Kindererziehungszeit für beide Elternteile sei aber nicht möglich.

LSG Erfurt: Az.: L 2 R 760/17

Kürzung von Urlaubsansprüchen für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit

Der europäische Gerichtshof erlaubt die Kürzung von, über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubsansprüchen für den Zeitraum der Erkrankung eines Arbeitnehmers. (EuGH, Urteil vom 19.11.2019 – Az.: C-609/17, C-610/17)

Gegenstand des Prozesses waren einer Arbeitnehmerin zustehende, über den gesetzlichen Mindesturlaub von 4 Wochen/Kalenderjahr hinausgehende Urlaubsansprüche, den die Arbeitnehmerin infolge Erkrankung im Kalenderjahr nicht vollständig in Anspruch nehmen konnte. Der Arbeitgeber hat eine Gutschrift dieser Ansprüche für das folgende Kalenderjahr aufgrund einer im Heimatland geltenden tarifvertraglichen Regelung verweigert.

Die Klage der Arbeitnehmerin auf Gutschrift dieser Urlaubsansprüche für das folgende Kalenderjahr wurde vom europäischen Gerichtshof abgewiesen.

Der europäische Gerichtshof hat im Urteil vom 19.11.2019 festgestellt, dass eine nationale Regelungen, welche die Kürzung von Urlaubsansprüche, die über den gesetzlichen Mindesturlaub von 4 Wochen/Kalenderjahr hinausgehen, für Zeiten der Erkrankung des Arbeitnehmers nicht gegen europäisches Recht verstoßen und damit zulässig sind.

Damit ist auch eine arbeitsvertragliche Regelung, die die Kürzung dieser Urlaubsansprüche, die über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehen, beinhaltet, für den Zeitraum der Erkrankung eines Arbeitnehmers zulässig.

Vollständige Videoüberwachung am Arbeitsplatz unzulässig

Das Bundesarbeitsgericht hat in der Entscheidung vom 28.03.2019 festgestellt, dass auch eine offene Videoüberwachung des Arbeitsplatzes durch den Arbeitgeber aufgrund Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers unverhältnismäßig ist (§ 32 I 1 BDSG aF), wenn eine lückenlose, dauerhafte sowie sehr detaillierte Erfassung des Verhaltens des Arbeitnehmers während der gesamten Arbeitszeit stattfindet, sodass der Arbeitnehmer davon ausgehen muss, dass jede seiner Bewegungen überwacht wird.
In einem solchen Fall besteht für den Arbeitnehmer keine Möglichkeit einer unbewachten, ungestörten Wahrnehmung seines Persönlichkeitsrechts.
Sofern für eine solche, offene und umfassende Videoüberwachung des Arbeitnehmers kein, durch konkrete Tatsachen begründeter Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des Arbeitnehmers vorliegt, ist auch eine offene Videoüberwachung unverhältnismäßig und damit unzulässig.

(BAG Urteil vom 28.3.2019 – 8 AZR 421/17)